Freitag, 18. September 2009

Eine bessere Welt

Einmal fragte mich ein Teilnehmer, ob Yoga selbstbezogen wäre. Jede Woche beschäftigen wir uns mit uns selbst, selten mit anderen.

Ich möchte dazu ein Erlebnis aus meinem heutigen Tagesablauf mit Euch teilen: Es war früh am Morgen, ich machte gleich morgens meine Einkäufe, da ich selten nach Dienstschluss dazu komme. Der Supermarkt hatte gerade erst geöffnet und ich bemühte mich schnell durch den ganzen Laden zu kommen, ich empfinde Einkaufen als etwas Lästiges und ich habe wie immer viele andere und wichtigere Dinge zu erledigen.

Endlich an der Kasse angekommen wunderte ich mich, dass schon viele andere vor mir anstanden, also übte ich übe mich in Geduld, um mich nicht schon am Morgen über Kleinigkeiten wie Warteschlangen zu ärgern. Die Atmosphäre in Berliner Supermärkten ist immer leicht gehetzt bis aggressiv, Großstädter auf der Nahrungsjagd können gnadenlos sein.

Nur noch eine Einkäuferin vor mir, als es passierte. Sie stellte ihren Yoghurtbecher so ungeschickt auf das Laufband, dass er auf den Boden fiel und auslief. Sofort war die Dame das Ziel all der unausgesprochenen Anfeindung der anderen Supermarktgäste. Die Leute verdrehten die Augen, der ohnehin schon gereizte Herr hinter der Kasse warf ihr eine Rolle Haushaltspapier mit den Worten „Zum Aufwischen“ vor den Latz.

Ich muss zugeben, dass auch in mir die üblichen Muster abliefen.
- Ich hatte es eilig und denke über die Zeitverzögerung nach. Prinzip: Alles passiert mir, obwohl es ja eigentlich jemand anderem passiert.
- Ich fragte mich, wie so etwas Blödes passieren könne. Prinzip: Ich bin besser als andere, obwohl ich mindestens einmal in der Woche etwas verschütte.
- Ich habe großes Ärger-Potential. Prinzip: Bei jeder Kleinigkeit gleich an die Decke gehen, obwohl ich eigentlich ein friedliebender Mensch bin.

Die Yoga-Philosophie lehrt, dass es wichtig ist, einfühlsam mit sich und anderen Lebewesen zu sein. Doch was nützt das alles, wenn ich auf der Yogamatte darüber sinniere, mich aber im wirklichen Leben trotzdem weiter verhalte wie bisher. Ich fühle mich nicht schlecht, dass ich oben beschriebene Muster und Reaktionen habe, menschliche Gefühle sind nun mal wie sind. Ich würde mich jedoch schlecht fühlen, wenn ich aufgrund dieser Emotionen unangemessen reagiere.

Heute früh sprang ich über meinen eigenen Schatten. Ich versuchte die o.g. Mechanismen, in denen ich stecke, zu unterbrechen. Ich ging auf die Dame zu, half ihr beim Aufwischen, eine Tat, die mir kaum Mühe bereitete und noch nicht mal eine Minute meiner Zeit in Anspruch nahm.

Was dann passierte ist wie ein Wunder: Als erstes fühlte sich die Dame unterstützt und war sehr froh, dass jemand half, sie begann zu lächeln. Was ihr passiert war, war durch meine Anteilnahme nicht mehr ganz so schlimm. Dadurch dass ich ihr half, kamen auch die anderen Besucher plötzlich in eine andere Stimmung. Dauert ja doch nicht so lange, mochte der eine denken. Ich hätte ja auch mal helfen können, der andere. Der Typ in der Schlage hinter mir, der mir schon zuvor in der Süßwarenabteilung aufgefallen war, lächelte mir zu, selbst der Kassierer war halbwegs freundlich zu mir. Auf dem Parkplatz winkten die Dame und ich uns nochmal zum Abschied zu.

Ich bin den restlichen Tag in einer äußerst guten Laune. Und ich kann viele Situationen beobachten, in denen Menschen sich gegenseitige helfen. Später als ich meine Trinkflasche aus meiner Tasche fällt, hebt sie mir jemand auf.

Yoga hilft in Verbindung mit den eigenen Gefühlen zu treten und sich bewusst zu machen, dass wir immer selbst entscheiden wie wir uns verhalten und was wir aus Situationen machen. Es gibt keine festgelegten Regeln, aber eigentlich ist es nur wichtig, wie wir uns als Menschen begegnen. Es ist viel wichtiger wie wir mit unseren Mitmenschen umgehen, als was wir verdienen, wo wir herkommen oder welche Fähigkeiten wir haben.

Yoga ist nicht selbstbezogen. Es ist eine Möglichkeit, Dich selbst zu erkennen und Dein eigenes Verhalten zu verbessern. Und das ist schließlich die einzige Möglichkeit, die ganze Welt zu verbessern.

2 Kommentare:

  1. .... ein kurzes statement ......

    die freundlichkeit deiner mitmenschen hängt oft von der eigenen befindlichkeit ab ....

    habe ich gute laune ..... habe ich das gefühl, dass 99 % der menschen um mich herum auch gut drauf sind .....

    das trifft dann auch für supermärkte und kaufhäuser zu ...... zumal ich kein shopper bin, und nur gezielt einkaufe ....

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  2. World history is a reflection of the thoughts, actions & words of human beings.

    Therefore, I agree with you. If we want to "better the world" then we each "individually" must start with bettering our thoughts, actions & words .. .....

    Lovely article - thank you.

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